»An Winterabenden, wenn draußen sein Erb und Eigen verschneit ruhte, sah man ihn lesen, vornehmlich in einer umfangreichen, in gepreßtes Schweinsleder gebundenen und mit ledernen Spangen zu verschließenden Erb-Bibel« – so beschreibt Thomas Mann in seinem Roman Doktor Faustus (1947) eine Bibel, die ihr reales Vorbild in der Mann’schen Familiengeschichte hat: Bereits im 19. Jahrhundert befindet sich dieses heute 300 Jahre alte Werk mit Prachteinband im Besitz der Familie Mann und begleitet sie von Lübeck nach München. Wie und wann genau die imposante Bibel in die Hände der Familie gekommen ist, bleibt ein kleines Rätsel. Einer Sache ist sich Golo Mann dennoch gewiss: »Ganz ohne Zweifel war es die ›Familienbibel‹ in der Mengstrasse«.
Gedruckt wurde die Familienbibel im Jahr 1722 und seitdem imponiert sie mit ihrer hochwertigen Verarbeitung sowie ihrer Größe und dem hohen Gewicht. Eine besondere Personalisierung im Sinne von Markierungen, Anmerkungen oder sonstigen Lektürespuren gibt es allerdings nicht. Somit liegt die Annahme nahe, dass mit der Bibel stets sorgfältig und respektvoll umgegangen wurde.
Am 25. Mai 1890 feiert die Firma Joh. Sig. Mann ihr 100-jähriges Bestehen. Ein Zeugnis für diesen großen Tag der Firma ist ein Prunkbecher, in dem sich das damalige Ansehen des Unternehmens in Lübeck ausdrückt. Er ist ein Geschenk von Hermann Fehling, einem Geschäftspartner und engen Freund des Vaters. Die Vorderseite des Bechers weist eine Widmung und das Datum des Firmenjubiläums auf. Die Rückseite zeigt den ursprünglichen Firmensitz in der Mengstraße 4 in Lübeck – das heutige Buddenbrookhaus. Zum Zeitpunkt des Jubiläums war der Firmen- und Familienwohnsitz in einen moderneren Bau in der Beckergrube 52 verlegt worden. Ein Zierfeld unter dem Hauptbild enthält das Jahr der Gründung. Außerdem trägt das Glas die Worte »Floreate Comertium« – es blühe das Geschäft. Doch dieser fromme Wunsch sollte sich nicht erfüllen. Bereits ein Jahr nach dem Jubiläum stirbt der Senator. Da er keinem seiner beiden ältesten Söhne zutraut, das Geschäft zu übernehmen, verfügt er testamentarisch die Liquidierung der Firma. Der Prunkbecher ist somit ein Relikt, das an den Ruhm der Mann‘schen Kaufmannsfamilie in Lübeck erinnert. Durch den Tod des Senators Thomas Johann Heinrich Mann verblasst zwar zunächst dieses Ansehen, doch durch seine Söhne und Enkel erblüht es in gewandelter Form der Literatur erneut.
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts galt das Rauchen im gehobenen Bürgertum als ein vornehmer Zeitvertreib. In wohlhabenden Haushalten gab es eigens dafür eingerichtete Herren- oder Raucherzimmer, wohin sich der Hausherr mit seinen männlichen Gästen nach dem Dinner zurückzog. Auch das neue Wohnhaus der Familie Mann in der Beckergrube 52 in Lübeck, das Thomas Manns Vater Senator Thomas Johann Heinrich Mann 1877 errichten ließ, verfügte über ein solches Zimmer. Hier fand vermutlich die zylindrische Tabakdose ihre Verwendung. Sie wurde zwischen 1872 und 1882 in der russischen Werkstatt Ossip Wischnjakow und Söhne hergestellt. Häufig waren in Russland gefertigte Dosen und Etuis mit Folklore-Motiven geschmückt. So zeigt die Mann’sche Tabakdose eine fahrende Troika – ein mit Pferden gezogener Schlitten – in einer Winterlandschaft. Ein solches Exemplar wird ebenso in Thomas Manns Buddenbrooks beschrieben: »Tom warf die Cigarette fort und nahm sich eine neue aus der Büchse, in deren Deckel eine von Wölfen überfallene Troika kunstvoll eingelegt war: das Geschenk irgend eines russischen Kunden an den Konsul.« Und auch im Zauberberg taucht die Dose – hier im Besitz Hans Castorps – erneut auf.
Wie das exotische Stück in den Besitz des Senators gelangte, kann nicht eindeutig geklärt werden. Da er jedoch im Getreidefernhandel tätig war, besteht die Möglichkeit, dass der Kaufmann die Dose von einem russischen Geschäftspartner als Geschenk erhielt. Später besaß auch Thomas Mann eine ähnliche Tabakdose, die ihm sein Sohn Klaus von einer Reise aus Russland mitbrachte.