Julia Mann, genannt Dodo, wird am 14. August 1851 als Julia da Silva-Bruhns in Brasilien geboren. Ihre Mutter ist die Tochter eines Großgrundbesitzers portugiesischer Herkunft, ihr Vater ein Lübecker Kaufmann. Nach dem frühen Tod der Mutter kommt sie als Sechsjährige zu Verwandten in die Hansestadt.
Ihre ersten Jahre in Lübeck verbringt Julia in einem Töchterpensionat. Das Poesiealbum einer Mitschülerin, in dem sich Julia mit einem Eintrag verewigt hat, befindet sich heute in der Sammlung des Buddenbrookhauses. Als erwachsene Frau macht Julia sich mit ihrer Schönheit und ihrem künstlerisch-musischen Talent in Lübeck einen Namen. Sie singt und spielt leidenschaftlich Klavier.
1869 heiratet sie den Lübecker Senator Thomas Johann Heinrich Mann, mit dem sie fünf Kinder bekommt – Heinrich, Thomas, Julia, Carla und Viktor.
Heinrich und Thomas lernen durch die Mutter Weltliteratur kennen, die sie nach eigenen Aussagen tief prägte. In den Werken von Heinrich und Thomas Mann spielt die südliche Herkunft ihrer Mutter immer wieder eine Rolle. Oft dient Julia Mann ihnen als Vorlage für ihre Frauenfiguren. Schriftstellerisch ist Julia auch selbst tätig. Sie schreibt die Erinnerungen ihrer Kindheit 1903 auf, die dann 1958 posthum unter dem Titel Aus Dodos Kindheit veröffentlicht werden.
Nach dem Tod ihres Mannes 1891 zieht Julia Mann mit den Kindern von Lübeck nach München. Die darauffolgenden Jahre sind schwer für sie – Inflation, ständige Umzüge und der Freitod ihrer Tochter Carla stellen für sie eine große Belastung dar.
Julia Mann stirbt am 11. März 1923 in Wessling im Alter von 71 Jahren.
In Lübeck besucht Julia da Silva-Bruhns (verheiratete Julia Mann) das von Therese Bousset geleitete Töchterpensionat. Dieses Poesiealbum stammt aus dem Besitz ihrer Mitschülerin Menga Pflüger und enthält Einträge aus den Jahren 1862 bis 1865. Da keine Verzeichnisse der Schülerinnen, die das Pensionat besuchten, erhalten sind, bietet das Poesiealbum einen guten Einblick in die Bewohnerinnen und Schülerinnen. Unter den Einträgen finden sich neben Namen von Mitschülerinnen u.a. auch verschiedene Lehrer sowie Therese Bousset selbst. Julia da Silva-Bruhns ist ebenfalls mit einer Zeichnung eines Stilllebens und folgenden Zeilen vertreten:
Streb in Gott dein Sein zu schlichten / Werde ganz, so wirst du stark; / All dein handel, denken, dichten / Quell‘ aus deinem Lebensmark. / Niemals magst du reinsten Muthes / Schönes bilden, Gutes thun, / Wenn dir Schönes nicht und Gutes / Auf demselben Grunde ruhen. / Meine liebe Menga, / auch wenn wir getrennt sind / denke zuweilen an deine dich / liebende Julia.
Typisch ist hier der religiöse Bezug, der sich neben dem Aufruf, ruhig und bescheiden durchs Leben zu gehen und auch Leid und Trauer als Prüfungen Gottes anzunehmen, in den meisten Einträgen wiederfindet. Grund dafür mag der Religions- und Konfirmationsunterricht sein, den die Mädchen im Alter von 15 und 16 Jahren in der Aegidienkirche besuchten. Häufig vertreten ist im Album die überwiegend religiöse Lyrik von Julius Sturm, Friedrich Rückert, Philipp Spitta und Emanuel Geibel. Ein Eintrag, der durch seinen Humor hervorsticht und aus der Reihe fällt, stammt von Emily von Paepke: „Und solltest du mich je vergessen, / sollen dich die Motten fressen. / So viel Haar’ der Pudelhund / So viel Jahre bleib g’sund!“ Während der Großteil der Einträge auf Deutsch verfasst wurde, stehen auch einige englische Verse im Album, da ein paar der Mädchen aus anderen Ländern stammten.
Das Foto, auf dem das Landschaftszimmer des Hauses in der Lübecker Mengstraße 4 mitsamt seiner Einrichtung zu sehen ist, wurde vermutlich 1890 aufgenommen und am 19.10.1924 in den Vaterstädtischen Blättern mit der Beschreibung als »Musikzimmer« publiziert. Das Originaldokument ist heute verschollen. Es handelt sich neben einer Aufnahme des Speisezimmers um die einzige Fotografie, die aus der Zeit stammt, als die Kaufmannsfamilie Mann die Mengstraße 4 bewohnte. Zwar lebten Thomas und Heinrich schon nicht mehr dort, doch ihre Großeltern Johann Siegmund Mann der Jüngere und Elisabeth Marty nutzten das Haus als Familiensitz.
Neben zahlreichen Möbelstücken, wie einer gepolsterten Liege und Beistelltischen, ist an der rechten Längswand ein Klavier oder Harmonium zu erkennen. Davor steht ein Stuhl mit durchbrochener, gerader Lehne. Anhand der darauf platzierten Petroleumlampe und Porzellanfigur lässt sich erkennen, dass das Instrument nicht allein zum Bespielen, sondern auch als Abstellfläche genutzt wurde. Neben dem Klavier befindet sich ein rechteckiger Etagentisch, der vermutlich als Notenhalterung dienen sollte.
Debussy - Prelude à l'après midi d'un faune
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1903 schrieb Julia Mann die Erinnerungen an ihre Kindheit, die sie teils im brasilianischen Paraty, teils in Lübeck verbrachte, auf. Sie wurden 1958 posthum unter dem Titel Aus Dodos Kindheit veröffentlicht. So märchenhaft leicht und unbeschwert, wie Julia ihre Kindheit in diesem Buch schildert, ist das Leben in Paraty jedoch höchstens für die Familie der Plantagenbesitzer. Ein Großteil der Erinnerungen widmet sich Dodos/Julias ersten Jahren in Lübeck, die sie als jüngste Bewohnerin in Thereses Mädchenpensionat verbringt. Dort muss sie erst einmal Deutsch lernen und vergisst das Portugiesisch schnell wieder, so ganz ohne ihre Vertrauten aus der brasilianischen Heimat. In Lübeck bleiben ihr nur die Geschwister und die deutsche Großmutter, während ihr Pai – so nennt sie den Vater – zurück nach Brasilien geht. Das Lübecker Umland ist Schauplatz für einige kleine Ausflüge und in der Hansestadt selbst erlebt Dodo Freundschaften und ihre erste Liebe.