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Geschichten aus der Sammlung Monika und Golo Mann
Biografisches

Monika Mann

Golo Mann

Monika Mann, Brustbild, Halbprofil nach links.
Monika Mann | ETH-Bibliothek Zürich, Thomas-Mann-Archiv / Fotograf: Unbekannt / TMA_1238
Golo Mann, Brustbild, Halbprofil nach links.
Golo Mann | ETH-Bibliothek Zürich, Thomas-Mann-Archiv / Fotograf: Atelier Elisabeth / TMA_0800

»Ich möchte wirklich Spaß haben! Ich möchte leben wie Shakespeares Narren und Mozarts Musik: sie beide sind die Essenz des Lebens!« (Vergangenes und Gegenwärtiges, 1956)

Musik und Literatur sind, wie bei den meisten Mitgliedern der Familie Mann, auch die Essenzen von Monika Manns Leben. Jedoch gibt es für sie nur wenige Momente des ungetrübten Glücks und der Freude. Sie wird als viertes Kind von Katia und Thomas Mann am 7. Juni 1910 in München geboren. Von Kindheit an hat sie in der Familie einen schweren Stand. Spätestens mit der Geburt der beiden jüngsten Geschwister Elisabeth und Michael nimmt Monika Mann in der Familie eine Außenseiterrolle ein. Sie wird von ihren Verwandten oft als »wunderlich« oder »dumm« beschrieben. Nach dem Schulabschluss beginnt sie, Klavier zu studieren. Im Exil, wohin sie den Eltern 1933 folgt, setzt sie ihr Musikstudium fort: zunächst in Frankreich und später in Florenz. Hier lernt sie ihren Ehemann, den ungarischen Kunsthistoriker Jenö Lányi kennen und zieht mit ihm nach London. Als das Paar 1940 nach Kanada fliehen möchte, wird ihr Schiff von einem deutschen U-Boot bombardiert und sinkt. Ihr Ehemann kommt dabei ums Leben. Monika gelangt schließlich allein in die USA, wo sie ein unruhiges Emigrantenleben führt und aufgrund von Differenzen mit ihrer Familie häufig den Wohnsitz wechselt. Das Klavierspielen gibt sie auf und widmet sich dem Schreiben. 1950 verlässt sie Amerika, lässt sich auf der italienischen Insel Capri nieder und verliebt sich in den Maurer Antonio Spadaro. Es entstehen Essays für Zeitschriften, Gedicht- und Erzählbände. Unmittelbar nach dem Tod von Thomas Mann, 1955, entbrannt zwischen ihr und ihrer Schwester Erika ein heftiger Streit um ihre Autobiografie Vergangenes und Gegenwärtiges, in der Monika Mann auf den Vater und die Familie eingeht. Nach dem Tod ihres Lebensgefährten verlässt sie 1980 Capri und zieht in das Haus ihrer Eltern nach Kilchberg in die Schweiz, wo nun ihr Bruder Golo lebt. Dieser sorgt schließlich dafür, dass die Witwe seines Adoptivsohns, Ingrid Beck-Mann, Monika bei sich in Leverkusen aufnimmt und sie bis zu deren Tod am 17. März 1992 pflegt.

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»Golo Mann wurde als ›Sohn‹ geboren; mochte es nicht; konnte es nicht ändern.«

So Golo Mann über sein eigenes Leben. Doch dass er mehr aus sich gemacht hat, als lediglich »der Sohn von...« zu sein, verdeutlicht sein umfangreiches schriftstellerisches, politisches wie wissenschaftliches Schaffen.

Golo, eigentlich Angelus Gottfried Thomas, Mann kommt als drittes Kind von Katia und Thomas Mann am 27. März 1909 zur Welt. Wie seine Geschwister Monika und Michael gehört er zu den weniger geliebten Kindern des Vaters. Auch er entdeckt früh seine Homosexualität. Doch anders als sein Bruder Klaus, versucht er diese zu verbergen. Als einziger seiner Geschwister besucht er direkt nach dem Schulabschluss eine Universität und schließt diese mit einer Doktorarbeit über Friedrich Hegel ab. Wie auch der Rest seiner Familie geht Golo 1933 mit der Machtergreifung der Nazis ins Exil nach Frankreich und später in die Schweiz. Er betätigt sich als Lehrer, geht seinen historischen Studien nach und beteiligt sich an der Zeitschrift Maß und Wert. 1940 folgt er seinen Eltern nach Amerika. Er unterrichtet zunächst Geschichte und tritt der US-Armee als Soldat bei. Langsam verbessert sich auch die Beziehung zum Vater, der den politischen und historischen Sachverstand seines Sohnes zunehmend zu schätzen weiß. Doch zeitlebens ist das Verhältnis zu ihm von Widersprüchen geprägt, wie Golo nach dem Tod Thomas Manns äußert:

»Unvermeidlich musste ich seinen Tod wünschen; war aber während seines Sterbens und danach völlig gebrochen; es dauerte Monate, bis ich mich einigermaßen von diesem Verlust erholte. Solche Nester voller Widersprüche sind wir nun einmal …«

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und vor allem nach dem Tod seines Vaters 1955 erlebt Golo seinen Durchbruch als Historiker und Publizist. Sein Buch Deutsche Geschichte des XIX. und XX. Jahrhunderts und eine umfangreiche Biografie über den Feldherrn Wallenstein erzielen enorme Erfolge. Vor allem das gekonnte Zusammenspiel von historischer Untersuchung und einem geradezu literarischen Schreibstil erfreuen sich großer Beliebtheit. Er wird außerdem Berater von Willy Brandt, dessen Ostpolitik er unterstützt. Später engagiert er sich jedoch für den CDU-Politiker Josef Strauß, in den er die Hoffnung setzt, die radikalen Studentenbewegungen und den Terrorismus in den 1960er Jahren in Deutschland einzudämmen.

Seine letzten Lebensjahre sind von schweren Krankheiten geprägt und er stirbt am 7. April 1994 in Leverkusen.

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Interessantes aus unserer Sammlung
»Vergangenes und Gegenwärtiges«

Die Autobiografie Vergangenes und Gegenwärtiges von Monika Mann erscheint 1956 im Kindler Verlag in München. Darin beschreibt sie unter anderem ihre Kindheit und zeichnet ein eindringliches wie scharf beobachtetes Porträt ihres Vaters. Sie formuliert bereits erste Gedanken, die später in der Forschung zur These der Einheit von Kunst und Leben im Werk von Thomas Mann ausgearbeitet werden: Sie charakterisiert seinen literarischen Ansatz wie folgt »Es ist nicht wahr, dass Leben und Werk zwei sind, sie sind – und gerade bei ihm – eins. War nicht – wie sein großes Epos – auch sein Leben von der Form beherrscht, so sehr, dass es gleichsam mehr gelebte Form als geformtes Leben war?«

Zeitgleich und ohne dass Monika Mann davon wusste, veröffentlicht auch ihre Schwester Erika ihrerseits ein Buch über Thomas Mann mit dem Titel Das letzte Jahr. Bericht über meinen Vater. Doch nicht nur wegen des zeitgleichen Erscheinens beider Bücher erregt Monikas Buch den Zorn von Erika und Mutter Katia Mann. Auf der Buchbinde des Einbands verwendet der Verlag ein Porträtfoto des Vaters, um die Werbewirksamkeit des Buchs zu erhöhen. Es kommt zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen den Geschwistern.

In einem Brief vom 13. Januar 1964, als Monika ihre Schwester um die Zustimmung zu einem Sammelband mit Beiträgen der Familienmitglieder bittet, verbietet Erika Mann ihr scharf, über die Familie und den Vater zu schreiben, und droht ihr mit öffentlicher Distanzierung:

»Solltest Du noch ein einziges Mal ›Erinnerungen‹ öffentlich auskramen, in denen Z. [Abkürzung für »Zauberer«, dem Spitznamen des Vaters] oder (und) sein Haus figuriert oder figurieren und die Unwahres enthalten, so werden Mielein [Spitzname der Mutter Katia] und ich an die Presseagenturen eine Notiz versenden, der zufolge solche Erinnerungen – völlig unabhängig von ihrem literarischen Wert – als Quellenmaterial unbrauchbar und daher unzulässig sind. Von Herzen hoffe ich, Du wirst es zur Versendung dieser Notiz nicht kommen lassen und lieber davon absehen, Lügenhaftes oder falsch Erinnertes zu verbreiten.«

Aufgrund des Konflikts bricht der Kontakt zwischen den Schwestern fast vollständig ab. Zur Beerdigung von Erika Mann, die fünf Jahre später verstirbt, ist Monika nicht anwesend.

Über »Vergangenes und Gegenwärtiges«
Golo Manns Schreibmaschine
Deutsche Geschichte des XIX. und XX. Jahrhunderts

Thomas Mann schreibt zeitlebens mit der Hand. Nachdem er seine Manuskripte als junger unverheirateter Schriftsteller noch in Schreibstuben zum Abtippen bringt, übernimmt diese Aufgabe später seine Frau Katia. Seine Söhne hingegen bedienen sich der Schreibmaschine selbst, um ihre Texte rasch zu Papier zu bringen. Golo verwendet eine einfache Reiseschreibmaschine, genauer das Modell »junior 3« der Firma Adler.

Es handelt sich dabei um eine Typenhebelschreibmaschine mit hohem Kunststoffgehäuse und abgerundeten Ecken und Kanten. Sie ist in den gedeckten Farben Beige und Braun gehalten. Der einzige »Schmuck« dieser schlichten, funktionalen Bürohilfe ist das Firmenzeichen, ein stilisierter silberner Adler mit ausgebreiteten Schwingen, der mittig auf dem Gehäuse und knapp über der Tastatur prangt. Es wurde 1930 vom Bauhaus-Gründer Walter Gropius für die Firma entworfen. Die »junior 3« zeichnet sich durch ihre optische Schlichtheit, Übersichtlichkeit und Benutzerfreundlichkeit aus. Möglicherweise haben gerade diese Qualitäten Golo Mann zum Kauf bewogen. Da das Modell in den Jahren 1963 und 1964 hergestellt wurde, wird er sie wohl zwischen 1965 und 1970 erworben haben. Im Jahr 1965 ist er nach Kilchberg bei Zürich gezogen und wie eine Fotografie belegt, war er bereits fünf Jahre später im Besitz der Schreibmaschine. Außerdem weist sie auf der Rückseite ein Etikett des Geschäfts »büro fürrer ZÜRICH/GENF« auf, wo sie gekauft wurde. Somit dürfte der Historiker eines seiner wichtigsten Werke, nämlich die 1971 erschienene Biografie zu Wallenstein, dem berühmten Feldherrn des Dreißigjährigen Kriegs, auf dieser Schreibmaschine verfasst haben.

Über die Schreibmaschine

»Daß ich im Grunde ja doch zum Schriftsteller bestimmt war, sei es auch nur zum historisierenden, ein wenig philosophierenden, verbarg ich mir manche Zeit; unbewußt wohl darum, weil ich meinem Bruder Klaus nicht ins Gehege kommen und weil ich den Tod meines Vaters abwarten wollte.«

Um Bruder und Vater »nicht ins Gehege« zu kommen, verfällt Golo – statt auf Literatur – auf Geschichte und Politik. Nachdem seine ersten beiden historischen Bücher erschienen sind, verfasst er ab Mitte der 1950er Jahre mit seiner Deutschen Geschichte ein eigenständiges Werk über die deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. In seinem Band stellt er allgemeine politische Entwicklungen wie auch Einzelbetrachtungen und Porträts bedeutender Persönlichkeiten dar und entwirft ein facettenreiches Bild der deutschen Vergangenheit mit ihrer Wirtschafts-, Ideen- und Kulturgeschichte. Zugleich nimmt er Europa in den Blick.

Die zweibändige Ausgabe erscheint 1958 und ist sowohl bei Laien wie auch beim Fachpublikum ein großer Erfolg. Sie zeichnet sich durch eine klare Struktur, pointierte Einschätzungen und eine elegante, literarische Sprache aus, die auf wissenschaftliche Ausdrücke und theoretische Formulierungen weitgehend verzichtet.

Die jüngste Vergangenheit wird mit großer Offenheit behandelt und der Bezug zur Gegenwart hergestellt. Ende der 1950er Jahre findet die Zeit von 1933 bis 1945 zunehmend Eingang in den Unterricht von Schulen und Universitäten. Dabei erfreut sich Golo Manns Buch großer Beliebtheit und avanciert zum Standardwerk. Trotz des natürlichen Fortschreitens der Geschichtswissenschaften sind Teile daraus noch heute sehr lesenswert.

Über »Deutsche Geschichte«
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