Thomas Mann, Brustbild, Halbprofil nach rechts, Blick nach vorne, mit Brille, im Freien stehend.
Buddenbrookhaus Logo
Geschichten aus der Sammlung Thomas Mann
Biografisches

Nachdem sich schon Heinrich nicht als willens und talentiert genug erweist, das Familienunternehmen zu übernehmen, wird die Firma nach dem Tod des Vaters 1891 aufgelöst. Die Mutter zieht mit ihren Kindern nach München. Thomas strebt eine Karriere als Journalist an und veröffentlicht 1894 sein erstes literarisches Werk, die Erzählung Gefallen. Für anderthalb Jahre begleitet er seinen Bruder Heinrich nach Italien, wo er den Familienroman Buddenbrooks beginnt. Dieser erscheint 1901 beim S. Fischer Verlag und wird ein enormer Erfolg.

Thomas Mann, der seine homoerotische Neigungen nur in der Literatur zum Ausdruck bringt, heiratet 1905 die wohlhabende Gelehrtentochter Katia Pringsheim. Sie inspiriert ihn zu einigen Novellen und Romanen wie Königliche Hoheit oder Der Zauberberg. Außerdem wird sie für den Schriftsteller eine unersetzliche Stütze, da sie ihm in jeder Lebenslage den geregelten häuslichen Freiraum schafft, den er zum Schreiben braucht. In rascher Folge werden die sechs Kinder Erika, Klaus, Golo, Monika, Elisabeth und Michael geboren. 

Im Zuge des Ersten Weltkriegs, den Thomas Mann als Anhänger des Kaisers befürwortet, kommt es zu einem heftigen Konflikt mit Heinrich, dem erklärten Verteidiger der Demokratie. Um sich von seinem Bruder abzugrenzen, verfasst er den Großessay Betrachtungen eines Unpolitischen, von dem er sich nach Kriegsende jedoch wieder distanziert. Mit der Ermordung Walther Rathenaus wandelt er sich zum Befürworter der Weimarer Republik und deren Werte. 1929 erhält er für Buddenbrooks den Nobelpreis für Literatur und setzt sich gegen den aufkommenden Nationalsozialismus ein. 

Als sich Thomas und Katia im Frühjahr 1933 im Rahmen einer Vortragsreise zu Richard Wagner im Ausland aufhalten, warnen Erika und Klaus sie vor einer Rückkehr nach Deutschland. Nach einem Sommeraufenthalt in Sanary-sur-Mer lässt sich die Familie schließlich im Schweizerischen Küsnacht nieder, wo Thomas die Arbeit an der Roman-Tetralogie Joseph und seine Brüder fortsetzt. 

Erst nach eindringlichen Drängen seiner beiden ältesten Kinder ringt er sich dazu durch, sich offen zur Emigration zu bekennen. Denn er fürchtet ein Verbot seiner Bücher im Deutschen Reich und bemerkt erschüttert: »Dass ich aus dieser Existenz hinausgedrängt worden (bin), ist ein schwerer Stil- und Schicksalsfehler meines Lebens, mit dem ich, wie es scheint, umsonst fertig zu werden suche...«

Mit seinem Bekenntnis zur Emigration wird ihm und seiner Familie 1936 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt und die Tschechoslowakei nimmt sie als Staatsbürger auf. Zwei Jahre darauf emigriert die Familie in die USA, wo Thomas eine Gastprofessur in Princeton antritt. Später ziehen sie an die Westküste ins kalifornische Pacific Palisade.

In Amerika entstehen die Romane Lotte in Weimar und Doktor Faustus. Neben Essays engagiert sich Thomas durch die monatliche BBC-Radiosendung »Deutsche Hörer!« auch weiterhin im Kampf gegen die Nazis. 1944 erhält er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nimmt sich der Sohn Klaus das Leben. Kaum ein Jahr später stirbt auch sein Bruder Heinrich. 

Aus Enttäuschung über die repressive und von Misstrauen geprägte Politik unter McCarthy gegenüber deutschen Emigranten beschließt die Familie 1952, wieder nach Europa zugehen. Doch zu einer Rückkehr nach Deutschland können sich die Manns nicht entschließen, sodass sie sich in Kilchberg bei Zürich niederlassen. Nichtsdestotrotz bereist Thomas Mann die alte Heimat und versteht sich dabei als kulturelles Bindeglied zwischen Ost- und Westdeutschland: So etwa bereits bei seinem Besuch 1949 anlässlich der Preisverleihungen an ihn zum 200. Geburtstag von Goethe in Frankfurt am Main und kurze Zeit später in Weimar. In Lübeck ist er 1955 das letzte Mal, als er zum Ehrenbürger der Stadt ernannt wird. Thomas Mann stirbt am 12. August 1955 im Alter von 80 Jahren.

Weiterlesen
Interessantes aus unserer Sammlung
Ein alter geöffneter, rechteckiger, brauner Koffer
Der Bügelkoffer
Die Bücherschränke

Reiselust in Aufklebern: Ein Bügelkoffer von Thomas Mann

Thomas Mann ist seit der Jugend viel gereist. Schon als Zwanzigjähriger begleitet er seinen Bruder Heinrich für mehrere Monate nach Italien. Später, als etablierter Autor, bereist er halb Europa und gar den Nahen Osten. Noch im Exil in der Schweiz und Amerika folgen zahlreiche Lesereisen. Wohin es den Schriftsteller im Laufe seines wechselvollen Lebens überall hin verschlagen hat und mit welchen Eisenbahn- und Schiffslinien er gereist ist, kann anhand dieses einfachen Bügelkoffers nachvollzogen werden. Deutliche Gebrauchsspuren und zahlreiche Fragmente von Hotel-Etiketten, Gepäckscheinen sowie Zollgut-Etiketten erzählen von den vielen Reisen.

Dieser Bügelkoffer ist nur eines von mehreren Gepäckstücken, die Katia und Thomas Mann bei ihren Reisen begleitet haben. So besaßen sie noch zwei Schrank- sowie mehrere Hand- und Reisekoffer, sodass sie mitunter mit bis zu einundzwanzig Gepäckstücken unterwegs waren. Doch nicht nur die Menge des Gepäcks, auch die Kofferaufkleber verdeutlichen den Wohlstand der Reisenden. Seit etwa 1870 ist es üblich, dass Hoteldiener Etiketten zu Werbezwecken auf die Koffer ihrer Gäste kleben. In den 1920er und 1930er Jahren, als das Reisen für bürgerliche Gesellschaftsschichten erschwinglich wird, erleben die Kofferetiketten ihre Blütezeit.

Die ältesten Aufkleber auf Thomas Manns Koffer stammen von seiner zweiten Ägyptenreise 1930, als er mit Katia eine einmonatige Nil-Rundfahrt unternimmt. Es sind Etiketten der Luxushotels Semiramis in Kairo und Cataract in Assuan. Die vielen Gepäckaufkleber der verschiedenen Schifffahrtslinien dokumentieren die zahlreichen Überfahrten des Autors zwischen Europa und den USA und zeugen zudem vom Höhepunkt luxuriöser Seereisen. Unter den Etiketten dürfte sich auch eines befinden, das dem Koffer bei Thomas Manns Fahrt ins amerikanische Exil 1938 aufgeklebt wird. Thomas Mann überquert den Atlantik insgesamt fünfzehn Mal.

Die deutlichen Gebrauchsspuren des Bügelkoffers sowie die vielen Fragmente der Kofferaufkleber sind somit Zeugnisse von den weiten Reisen des Besitzers. Sie verleihen dem schlichten, robusten Koffer eine Aura von Fernweh und Reiselust.

Zum Bügelkoffer

Reisende Möbelstücke: Bücherschränke aus dem Besitz von Thomas Mann

»Die Bewilligung der zollfreien Auslieferung war von Bern eingetroffen – zum Erstaunen des Beamten […] Morgen früh um 8 Uhr werden die Dinge: mein Schreibtisch mit Stuhl, der Lesestuhl mit Taburett, die Empire-Schränke, die Kandelaber, der Musik-Apparat hier in der Schiedhaldenstraße abgeladen […] Wie wunderlich! Wie weitab, diese Eintragung von den ersten dieser Epoche, die ich vor 8⅓ Monaten in Arosa machte.«

So Thomas Mann in seinem Tagebuch vom 24. November 1933. Nach Monaten des bangen Wartens sind seine geliebten Möbelstücke in Küsnacht eingetroffen. Hier haben sich Thomas und Katia mit der Familie niedergelassen. Im März ist ihnen auf Reisen in der Schweiz bewusst geworden, dass sie aufgrund der Bedrohung durch die Nationalsozialisten nicht mehr nach Deutschland zurückkehren können. Das Hausmädchen Maria Kurz sorgt dafür, dass zahlreiche Möbelstücke und Bücher heimlich aus dem Münchner Haus geschafft werden. Darunter auch die erwähnten antiken Bücherschränke, die Thomas Mann an seine Lübecker Heimat erinnern und ihm daher besonders wichtig sind, zumal sie stellvertretend für die Berufung zur Literatur stehen. 

Die hohen Möbelstücke bestehen aus hochwertigem Mahagoniholz, deren schlichte Verzierung typisch für die Biedermeierzeit norddeutscher Prägung ist. Es ist nicht eindeutig geklärt, ob die Schränke in Lübeck hergestellt wurden und wann genau sie in den Besitz der Familie Mann gelangten. Nach dem Tod des Konsuls Johann Siegmund Mann 1891 begleiten die Bücherschränke zunächst dessen Witwe Julia Mann nach München, bis sie zwischen 1901 und 1914 an Thomas Mann gehen. 

Während Flucht und Exil gelingt es der Familie, die Lübecker Erbstücke zu erhalten. Sie begleiten sie in die Schweiz und nach Amerika, wie die Zollplaketten auf der Rückseite der Schränke belegen. Schließlich kehren die Möbel wieder zurück nach Europa ins schweizerische Kilchberg bei Zürich. Nach dem Tod von Thomas und Katia Mann ist Sohn Golo der letzte Besitzer der Bücherschränke. Zusammen mit zahlreichen anderen Gegenständen aus dem persönlichen Eigentum der Familie vermacht er sie 1993 dem Buddenbrookhaus.

Zu den Bücherschränken

Thomas Manns Spazierstöcke

Einer der Spazierstöcke
Einer der Spazierstöcke

Der Sound des Bürgertums: Zwei Spazierstöcke

»Das ist kein Wald und kein Park, das ist ein Zaubergarten...«, schildert Thomas Mann in der Erzählung Herr und Hund. Ein Idyll (1919) die Eindrücke während seiner Spaziergänge entlang der Isar und durch die Parks im Münchner Viertel Herzogpark. Neben dem geliebten Mischlingshund Bauschan könnte dieser einfache Spazierstock den Schriftsteller bei seinen täglichen Streifzügen begleitet haben. Ob der Stock tatsächlich aus dem Besitz von Thomas Mann stammt, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Doch verfügt Thomas Mann über mehrere ähnliche Spazierstöcke, wie Fotografien des Schriftstellers belegen.

In der Zeit von 1830 bis zum Ersten Weltkrieg erlebt der Spazierstock seine Blütezeit und wird zu einem Statussymbol des erstarkenden Bürgertums. Das leichte Ticken des Spazierstocks beim Gehen ist ein charakteristisches Geräusch, das im ausgehenden 19. Jahrhundert durch die Straßen hallt und den Flair der mondänen Großstadt mitprägt. Es verwundert daher kaum, dass Spazierstöcke auch in Thomas Manns Roman Buddenbrooks (1901) auftauchen. Darin unterstreichen sie zwar das Repräsentationsbewusstsein des Bürgers, dieses wird aber auch in seiner Ambivalenz deutlich, wie in den Erinnerungen des Konsuls Jean Buddenbrook an seine Lübecker Jugend: Er wußte wohl, daß seine Vaterstadt, diese Hafen- und Handelsstadt, in der die geschäftlich hochachtbaren Bürger mit so unvergleichlich ehrenfester Miene das Trottoir mit ihren Spazierstöcken stießen, keineswegs die Heimstätte makelloser Moralität sei.

Als Vorbild für den Konsul, den Vater der Hauptfiguren des Romans Thomas, Tony und Christian, dient der Großvater von Thomas Mann: Konsul Johann Siegmund Mann der Jüngere (1797–1863). Entsprechend den Gepflogenheiten der damaligen Zeit und wie eine historische Aufnahme beweist, besaß auch er mindestens einen dekorativen Flanierstock, den er an seinen Sohn Thomas Johann Heinrich Mann (1840–1891) vererbt. Neben dem Stock seines Enkels befindet sich dieser ebenfalls in der Sammlung des Buddenbrookhauses. Es ist ein schlichter, aber dennoch sehr eleganter Spazierstock, der aus hellem Holz gefertigt ist. Die Zwinge und der Griff sind aus Elfenbein. Wie beim schmucklosen Modell von Thomas Mann ist nicht eindeutig klar, wann der Stock angefertigt wurde. Er dürfte aus der Zeit um 1850 stammen. Der Spazierstock des Schriftstellers hingegen wurde wohl Anfang des 20. Jahrhunderts hergestellt. Beide Objekte veranschaulichen das Traditionsbewusstsein der Familie.

Zu den Spazierstöcken

Thomas Manns Bleistift

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen. Der Inhalt ist vom Typ Video.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden und akzeptiere alle Cookies dieser Webseite. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung und Cookie-Erklärung.
Nach oben scrollen